Von der Ausgrenzung zur Auslöschung

1. Vorzeichen

Nicht erst seit 1933 ist rassistischer Antisemitismus Teil der politischen Alltagskultur. Das zeigen schon die Vorgänge rund um den NSDAP-Reichsparteitag in Weimar 1926, die Emil Fischer in seiner Anzeige kritisiert. Nachdem 1924 Nationalsozialisten in Thüringen politische Macht erhalten, versuchen sie, antijüdische Diskriminierung in verschiedenen Berufsgruppen gesetzlich zu legitimieren. Zwar ist ihnen bewußt, dass die Gesetzesanträge nicht durchkommen, doch sie versprechen sich dadurch Aufmerksamkeit für eines ihrer wichtigsten Themen. Ihre Vorschläge skizzieren, was einige Jahre später Staatsräson wird: Jüdische Menschen sollen keine Zulassung mehr als Ärzte, Notare, Vieh- und Getreidehändler erhalten und keinen Zugang mehr zu Schulen und Universitäten haben. Nach dem ersten Weltkrieg aus Osteuropa zugewanderte Jüdinnen und Juden sollen enteignet und vertrieben werden. Bei der Definition des Jüdischseins greifen die Nazis auf Bestimmungen vor, wie sie die Nürnberger Rassegesetze zehn Jahre später festlegen.

Das Presseorgan der Thüringer NSDAP, der in Weimar von Hans Severus Ziegler herausgegebene „Nationalsozialist“, unterstützt diese Linie, indem z. B. Kampagnen gegen jüdische Geschäftsinhaber wie die Familie Tietz gefahren werden.

Das Geschäft Hermann Tietz befindet sich in der Kaufstraße 6 (Ecke Marktstraße). 1930 wird an die Stelle des Gebäudes ein neues Kaufhaus gesetzt.

Die Firma Hermann Tietz, die 1882 in Gera ihr erstes Geschäft eröffnet hat, konnte 1887 in Weimar in der Marktstraße 2 eine Filiale einrichten. 1905 wurde ein modernes Kaufhaus neu gebaut, mit einem Geschäftseingang am Marktplatz. Nach einem Umbau 1929/30 kann sich das Kaufhaus mit der ersten Rolltreppe Weimars als das modernste rühmen, zugleich wird es äußerlich besser an das Erscheinungsbild des Marktes angepasst. Kurz zuvor, 1928, heißt es im „Nationalsozialist“:

„Möge sich das liebe Publikum, das alles glaubt was der Jude sagt, für Tietzens geradezu aufopferungsvolle Kulturtat dadurch dankbar erweisen, dass es nicht nur in Massen die […] Schaufenster-Auslagen angafft, sondern auch noch seine 95 Pfennige in […] [das] jüdische Kaufhaus trägt – zum Ruin des schaffenden, gewerbetreibenden Mittelstandes.“

Die meisten Kaufhäuser sind zu dieser Zeit von jüdischen Unternehmern geführt, und die Kampagnen gegen die modernen und – wegen des günstigeren Angebots durch Übergehung der Zwischenhändler – erfolgreichen Kaufhäuser haben stets einen antisemitischen Unterton.

Nach der Weltwirtschaftskrise 1929 und dem Boykott jüdisch geführter Geschäfte am 1. April 1933 stürzt der Hermann-Tietz-Konzern in eine Umsatzkrise. 1934 müssen die Gebrüder Tietz ihre Anteile am Geschäft unter Wert verkaufen und treten zurück, von nun an heißt der Konzern Hertie AG. Der neue Besitzer nach der „Arisierung“ des Weimarer Kaufhauses am Markt ist Hans Kröger. Das Geschäft beliefert ab Ende der dreißiger Jahre das Konzentrationslager Buchenwald u.a. mit Kleiderbügeln und Gummistempeln.

Nach der Arisierung des Kaufhauses Hermann Tietz schmückt der neue Besitzer das Gebäude mit Hakenkeuzflaggen (1935). Zu erkennen ist der neue Name: Hans Kröger.

Dem Kaufhaus Tietz am Markt folgen die „Arisierung“ weiterer Geschäfte jüdischer Eigentümer: darunter das Kaufhaus Sachs & Berlowitz in der Schillerstraße, der Schuhladen Leopold, das Gardinenhaus Wiener.

2. Die Sprache der Ideologie

„Arisierung“ oder „Entjudung“ nennen die Nazis zunächst die Enteignung jüdischer zugunsten nichtjüdischer Personen. Dieser staatlich vorangetriebene Vorgang führt zum Ruin der Juden in Deutschland und bereichert hauptsächlich Angehörige der NSDAP.

In „Arisierung“ steckt der Begriff „Arier“, der im völkisch-rassistischen Denken eine zweifelhafte Karriere macht: Aus der Linguistik kommend, bezieht er sich auf Sprecher indogermanischer Sprachen. Zu diesen Sprachen gehören u. a. das Iranische, das in Afghanistan gesprochene Nuristani sowie Hindi, Bengali und Romanes. Anhänger des rassistischen Antisemitismus nutzen „arisch“ zur Bezeichnung einer vermeintlichen „Rasse“, die als überlegen charakterisiert wird.

Das als Gegensatzwort genutzte „jüdisch“ bezeichnet eigentlich die Zugehörigkeit einer Person zu einer Glaubens- und Traditionsgemeinschaft; dem Talmud zufolge gilt zudem als jüdisch, wer eine jüdische Mutter hat (und dadurch die Erzväter Abraham, Jakob und Isaak zu seinen Vorfahren zählen kann). Doch erfährt „jüdisch“ seit Ende des 19. Jahrhunderts eine politisch forcierte Bedeutungsverschiebung und -erweiterung. Dies zeigt sich daran, dass eine jüdische „Rasse“ angenommen wird – und damit ein biologischer Unterschied zwischen „deutschem“ bzw. „arischem“ und „jüdischem“ Blut. Die Nürnberger Rassegesetze definieren 1935, dass man dieser „Rasse“ je nach Anzahl der jüdischen Großeltern als „Voll-“, „Halb-“ oder gar „Vierteljude“ angehören kann.

Nürnberger Gesetze / Definition "Jude"
Diese Bildtafel veranschaulicht das „Blutschutzgesetz“, das Teil der „Nürnberger Rassegesetze“ ist. Es wird unterschieden zwischen „Deutschblütigen“, „Mischlingen“ verschiedenen Grades und „Juden“.

Dieser Definition nach sind auch Menschen als „jüdisch“ anzusehen, die sich selbst als evangelisch, katholisch oder nicht gläubig verstehen. Eduard Rosé, Cellist am Deutschen Nationaltheater, gilt trotz seiner Konversion zum evangelischen Glauben 1891 als Jude und protestiert 1941 mit Witz und Mut dagegen:

„Wie aus beiliegenden Dokumenten ersichtlich, gehöre ich den größten Teil meines Daseins, also über ein halbes Jahrhundert, der evangelischen Kirche an, werde aber dennoch den Nichtariern zugesellt. […] Durch das am 19. September in Kraft tretende neue Gesetz, einen gelben Stern als Kennzeichen der Judenzugehörigkeit sichtbar zu tragen, werde ich vor ein ungewöhnliches Dilemma gestellt, da ich doch auf meine alten Tage nicht Proselyt werden kann, ganz abgesehen davon, daß ich mich dadurch sogar eines Meineids der Kirche gegenüber schuldig machen würde!“

Der alte Mann wird bei der Gestapo vorgeladen, gefoltert und wegen Urkundenfälschung verurteilt – sein Vergehen: Er überklebte das „J“ auf seiner Lebensmittelkarte.

Laut NS-Ideologie hat das „Blut“ eines jüdischen Menschen verderblichen Einfluß auf alle Bereiche, in denen er oder sie tätig ist. Das antisemitische Hetzblatt „Der Stürmer“ bedient besonders drastisch diese biologistische Verschwörungsidee – die schon Artur Dinter in seinem Kassenschlager „Die Sünde wider das Blut“ zum Hauptmotiv des Romans erhob.

Seit 1933 sind überall im Land sogenannte Stürmerkästen angebracht, wo die aktuelle Ausgabe des Blattes gelesen werden kann. In Weimar befindet sich ein Stürmerkasten auf dem (heutigen) Goetheplatz. (Bundesarchiv Bild 133-075, Worms, Antisemitische Presse, “Stürmerkasten” / CC-BY-SA 3.0)

Konkrete Folgen dieser „Auffassung“ zeigen sich z.B. in Erika Haases Schicksal: Das uneheliche Kind einer jüdischen Mutter wird wenige Stunden nach seiner Geburt 1936 in die Hände einer liebenden Pflegefamilie gegeben. Zwei Jahre später denunziert eine Mitarbeiterin der Weimarer Gesundheitsbehörde Erikas leibliche Mutter als „verworfene“ und „abgrundtief gemeine“ Jüdin. Ihren Bericht schließt sie mit den Worten:

„Wer der Vater der kleinen Erika ist, weiss man nicht. Vielleicht kein Jude, denn diese gibt es ja heute bei uns kaum mehr. Aber die Erbmasse, die sie von der deutschen Mutter mitbringt, ist schlecht und muss sich auswirken.“

Zu einem ähnlichen Urteil kommt ein Gutachter des 1933 in Weimar eingerichteten Landesamts für Rassewesen:

„Die Pflegemutter besitzt 2 eigene Kinder, die nach dem Bericht des Vormunds mit dem Mischling ein gemeinsames Schlafzimmer benützen. Gerade das Zusammenleben des Mischlings mit den beiden deutschblütigen Kindern bedeutet bei einem weiteren Verbleib im Haus der Pflegeeltern eine Gefahr für die deutschblütigen Kinder. Da der Mischling im Alter von 2 Jahren noch keine bewußten Bindungen an seine Pflegeeltern hat und insbesondere später auch keine Erinnerungen mehr an diese Pflegezeit, ist eine Wegnahme von den deutschblütigen Pflegeeltern sobald als möglich zu empfehlen.“

Zur Abwendung der „Gefahr“ für die „deutschblütigen Kinder“ wird nun behördlicherseits mit viel Mühe eine „jüdische Mischlingsfamilie“ gesucht, in die das Mädchen abgegeben werden kann. Dass die Suche keinen Erfolg hat, lässt die Pflegefamilie aufatmen. Doch ist das nur ein Aufschub der Trennung: Am 1. März 1944 wird Erika Haase in die Tötungsanstalt Hadamar eingewiesen, wo sie nach 27 Tagen ermordet wird – wahrscheinlich durch eine Überdosis Luminal.

„Jüdisch“ zu sein ist im NS-Regime keine Sache der Religion, der Kultur, der selbstbestimmten Identität mehr – es ist eine Fremdzuschreibung, ein Synonym für aus der „Volksgemeinschaft“ mit allen Mitteln Auszuschließende. Die „Entjudung“ bzw. „Arisierung“ gilt als Maßnahme zur Herstellung einer „rassisch gesunden Volksgemeinschaft“.
So transportiert der Begriff der „Arisierung“ eine rassistische Ideologie. Anhand der Worte der Weimarer Denunziantin und des Gutachters lässt sich ersehen, welche Spuren diese Ideologie im Sprachgebrauch und im Denken der Menschen hinterlässt.

3. Der Ausschluß aus allen gesellschaftlichen Bereichen

Der konkrete Vorgang der „Arisierung“, der Verdrängung jüdischer Menschen zum Vorteil nichtjüdischer aus einem bestimmten Bereich, erstreckt sich in der nationalsozialistischen Gesellschaft nicht nur auf Geschäfte, sondern auch auf Wohnungen, Häuser, ganze Wirtschaftsbereiche und Behörden etc. In einigen Bereichen wird häufig der Begriff „Entjudung“ genutzt – so zum Beispiel in kulturellen Kontexten, bei Vereinen, in der Justiz und der Presse.

Emil Fischer

Im Dezember 1935 erhält der Weimarer Opernsänger Emil Fischer den Brief eines schwerkranken Mannes. Sally Kauffmann, der in den letzten Jahren das Konto des Israelitischen Religionsvereins betreut und dessen Korrespondenz erledigt hat, schreibt:

„Lieber Herr Fischer!
Am heutigen Tage habe [ich] die Verwaltung des Kontos der Israel. Rel.vereinigung Weimar auf Ihren Namen übertragen lassen – der Betrag auf dem Konto lt. Abrechnung auf Seite 92/93 schließt mit einem Guthaben von RM 321,10.
Ich wünsche Ihnen dass Sie das Konto zum Nutzen unserer Kl. Gemeinschaft noch lange verwalten.“

In der krakeligen Handschrift eines Kranken fügt Kauffmann hinzu, dass Herr Berlowitz die Thorarollen zur Aufbewahrung übernommen habe und der Thoraschrank sich noch im Hotel Chemnitius, wo der Verein die Gottesdienste abhält, befinde.
Kurz darauf verstirbt er, und Emil Fischer übernimmt seine Arbeit. Kauffmanns Wunsch, die „kleine Gemeinschaft“ werden noch lange bestehen, wird allerdings nicht erfüllt – der Verein verliert Mitglied um Mitglied: auch viele Weimarer Jüdinnen und Juden fliehen aus Nazideutschland, die Bleibenden werden schließlich deportiert. In Weimar gibt es in den folgenden Jahren nur noch verborgen jüdisches Leben – um das freilich kümmert sich Emil Fischer, so lange er kann.
Er verwaltet nicht nur die Mitgliedsbeiträge, übernimmt die Organisation des Religionsunterrichts und die Korrespondenz. Er leistet im Rahmen der Jüdischen Künstlerhilfe auch die langwierige Betreuung einer mittellosen jüdischen Familie aus Magdeburg, die in Berka gestrandet ist und mit Krankheit und Erwerbslosigkeit zu kämpfen hat.

Emil Fischer ist selbst Künstler, er hat über die gesamte Zeit der Weimarer Republik am Deutschen Nationaltheater gewirkt – als Bassbuffo in Opern gesungen, aber auch als Vorsitzender des Angestelltenrates die Vertretung der Künstler übernommen. 1925 hat er Ella Sachs, die Witwe von Max Sachs, geheiratet, die ihre beiden Söhne Gerhard und Hans Sachs in die Ehe brachte. Zwei Jahre später bekamen sie die Zwillinge Wolf und Peter.

Der Sänger war im Centralverein deuschter Staatsbürger jüdischen Glaubens und im Israelitischen Religionsverein aktiv, außerdem Mitglied der SPD und des SPD-nahen Kampfbundes „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“. Oft sang er in der Erfurter jüdischen Synagoge. Die Archivdokumente, die zu ihm zu finden sind, stellen ihn als geselligen Menschen vor, der immer wieder Mut bewies.

So reichte er bei der Staatsanwaltschaft Weimars Anzeige ein, nachdem 1926 Tausende Anhänger der NSDAP in Weimar aufmarschiert und ihren Reichsparteitag im Deutschen Nationaltheater abgehalten hatten.

Emil Fischer sah sie auf dem Karlsplatz, dem heutigen Goetheplatz, aufmarschieren; singend: „Wir scheißen auf die Freiheit in der Judenrepublik“,  „Haut sie raus die Judenbande aus unserem deutschen Vaterlande“, „Zum Putsch, zum Putsch sind wir geboren, dem Adolf Hitler haben wirs geschworen“.


In der Anzeige empörte sich der Sänger:

„Ich halte das Auftreten dieser sogenannten Nationalen Sozialisten für schmachvoll und empfinde ihr Benehmen am vergangenen Sonntag als eine unerhörte Provokation. Ich habe schon mancherlei an Beleidigungen einstecken müssen, was ich meiner Zugehörigkeit zu einer nicht vorschriftsmäßigen Religion und Weltanschauung verdanke, aber dieser Aufzug am Sonntage bedeutete für mich mehr als eine persönliche Beleidigung. Es war eine zweifellos beabsichtigte Schmähung der vaterländischen Empfindungen jener Staatsbürger, die durch körperliche und geistige Arbeit ehrlich an der Beruhigung und Gesundung unserer Verhältnisse mitarbeiten.“

Nazis liefen 1926 nicht nur antisemitische Parolen rufend durch Weimars Straßen. Im Bewußtsein ihrer physischen Stärke zogen Trupps durch die Altstadt, verprügelten Passanten, spuckten Mädchen mit moderner Bubikopffrisur an, versuchten, im Volkshaus – einem Versammlungsort der Linken – Feuer zu legen. Die Ausschreitungen am ersten Juliwochenende 1926 in Weimar zeigten die Brutalität der NS-Ideologie auf, die sich im Laufe der dreißiger Jahre in eine unmenschliche Gesetzgebung und Bürokratie einprägt.
Emil Fischers Reaktion darauf bleibt die gleiche – auch unter erhöhtem Risiko: Er protestiert, legt Widerspruch ein, kommt anderen Betroffenen zu Hilfe.

Er befindet sich damit auf einer Linie mit dem Vorgehen des Thüringer Centralvereins, dessen Weimarer Vertrauensmann er ist. Anfang der dreißiger Jahre legte dieser den Nationalsozialisten immer wieder Steine in den Weg, indem er antisemitische Boykottdrohungen gerichtlich als „ungehörigen Gewissenszwang“ untersagen ließ und damit gegen die NSDAP und ihre Aufrufe „Kauft nicht bei Juden“ vorging.
Im März 1933 wurde der kämpferische Thüringer Ableger des Centralvereins verboten.

Anfang desselben Jahres protestierte Emil Fischer als Vertreter der Angestellten des DNT gegen die Kündigung des Generalmusikers Dr. Ernst Praetorius, ohne Erfolg. Das Theater wurde auf nationalsozialistische Linie gebracht, und Praetorius, der zeitgenössischer Musik gegenüber aufgeschlossen und mit einer jüdischen Frau verheiratet war, war den Nazis schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Auch Emil Fischer selbst erhielt Mitte Januar 1933 – noch vor der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler – ein knappes Kündigungsschreiben. Die Kündigung wurde zum Politikum: In der Zeitung „Der Nationalsozialist“ würdigte NS-Kulturfunktionär Hans Severus Ziegler, der später die Leitung des DNT übernehmen wird, öffentlich die Qualität seiner Arbeit herab. Andere Zeitungen interpretierten die Kündigung dagegen als antisemitischen Angriff auf den Centralverein.

Ohne Möglichkeit der Gegenwehr war der Sänger gezwungen, sich mit 53 Jahren in das Privatleben als Ruheständler zurückzuziehen – ein Rückzug, der von einer Depression begleitet wurde. Einer Bekannten gegenüber sprach er aus, was die Ereignisse in ihm auslösten: „Entschuldigen Sie, aber wir Menschen fühlen uns so minderwertig, es ist entsetzlich.“
Im Jahr darauf starb sein achtjähriger Sohn Peter, sein Stiefsohn Hans Albrecht Sachs floh mit zwanzig Jahren nach Argentinien. Nun, 1936, folgt auch Gerhard Sachs seinem Bruder Hans, er ist gerade 17 Jahre alt. Die einst sechsköpfige Familie verliert so innerhalb kurzer Zeit drei Kinder.

Emil, Ella und Wolf Fischer – der Zwilling des verstorbenen Peter – ziehen sich auf ihre „Scholle“ – wie Emil Fischer sein Haus im Hellerweg 26 nennt – zurück.

Doch der Rückzugsort ist nicht sicher: Zwar ist Emil Fischer Mitglied im „Beamtenbauverein“, die Familie hat in den Bau dieses Hauses 20 000 Reichsmark investiert, das Nutzungsrecht und ein Vorkaufsrecht. Doch wird den Fischers in Folge der Nürnberger Gesetze die Reichsbürgerschaft aberkannt, was wiederum den Ausschluss aus dem Beamtenbauverein bedeutet. Damit ist der Familie nicht nur das Vorkaufsrecht genommen, sondern auch die Möglichkeit, weiterhin im Haus zu wohnen.

Zum 1. Juli wird ihnen gekündigt, zugleich werden sie aufgefordert, „ab 14.3.38 das Haus am Mittwoch, Donnerstag und Freitag einer jeden Woche in den Stunden von 11–13 und 15–18 Uhr zur Besichtigung freizugeben“. Für den Fall, dass sie sich weigern, heißt es im Schreiben weiter: „Für uns entstehende wirtschaftliche Nachteile aus Ablehnung dieser Aufforderung müssten wir Sie verantwortlich machen.“

Erneut widerspricht Emil Fischer – „in allen Stücken“. Doch angesichts der Aussichtslosigkeit seines Bemühens gibt er nach:

Ich tue dies, um Ihnen keine Schwierigkeiten zu bereiten und in dankbarer Erinnerung an das Wohlwollen, welches der Verein mir während meiner langjährigen Mitgliedschaft entgegengebracht hat. […] Ich hänge mit großer Liebe an der Scholle und bringe Ihnen durch die Aufgabe des Besitzes nicht nur materiell, sondern auch ideell ein sehr großes Opfer. Sie wollen dies gebührend würdigen.“

Als jüdische Familie auf dem 1938 auch in Weimar völlig überlaufenen Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden ist äußerst unwahrscheinlich. Die Familie flieht 1938 nach Amsterdam, in Emil Fischers Geburtsstadt, und lebt in einem südlichen Vorort in Armut. Auch Ellas Eltern, Fanny und Sigmund Oppenheimer, flüchten in hohem Alter zu ihnen. 1941 stirbt Ellas Vater Sigmund.

Tuvia Rechtmann, ein jüdischer Bekannter Emil Fischers, der in Amsterdam überlebt hat, erinnert sich, Emil Fischer habe „mit allen Kräften versucht, nicht nur seiner Familie, sondern vielen anderen einen Weg zur Rettung ins Ausland zu finden.“

Doch von Amsterdam aus eine Fluchtmöglichkeit in die USA zu finden gelingt der Familie nicht. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1940 beginnen die Deportationen.

Anfang 1943 werden Emil und Ella Fischer, ihr Sohn Wolf und Ellas Mutter Fanny Oppenheimer von der Gestapo verhaftet und in holländischen Durchgangslagern interniert. Fanny Oppenheimer wird einen Tag vor ihrem 75. Geburtstag ins Vernichtungslager Sobibor deportiert und sofort nach Ankunft am 21. Mai 1943 ermordet. Emil, Ella und der siebzehnjährige Wolf Fischer müssen den Deportationszug am 25. Mai besteigen. Sie sterben am 28. Mai in den Gaskammern Sobibors.

Nachdem im April 1933 das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in Kraft tritt, können unliebsame Personen aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden. Betroffen sind politisch Oppositionelle bzw. als unzuverlässig Eingeschätzte, aber auch jene, die als „nicht arische“ Beamte gelten, weil sie mindestens einen jüdischen Großelternteil haben. Eine Ausnahme gilt für Beamte, die das „Frontkämpferprivileg“ haben oder schon vor dem ersten Weltkrieg verbeamtet wurden. Mit dem Erlass der „Nürnberger Rassegesetze“ 1935 wird dieses Zugeständnis an den inzwischen verstorbenen Reichspräsidenten Hindenburg abgeschafft.

Mit den „Nürnberger Rassegesetzen“ bzw. dem „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verschärft sich die Ausgrenzung jüdischer Menschen, ihre lang erkämpfte Gleichberechtigung wird offiziell abgeschafft. Sie gelten nunmehr nur noch als „Staatsangehörige“, die im Vergleich zu „Reichsbürgern“ weniger Rechte haben – also als Bürger zweiter Klasse.

Auch der Erwerb von Grund und Boden wird Juden erneut verboten: 1936 wird in Arnstadt einem jüdischen Viehhändler verwehrt, ein paar Quadratmeter Ackerland zu erwerben. Die Begründung des Gerichtes ist eine kurze Einführung in die Blut-und-Boden-Ideologie:

LATh–HStA Weimar, Thueringisches Oberlandesgericht Jena Nr. 864, Bl. 89r


„Adolf Mendel ist Jude. Deshalb kann er kein deutsches Ackerland erwerben. Denn der Ackerboden bildet die Grundlage der Ernährung des deutschen Volkes und der Erhaltung und Erneuerung seines Blutes. Er ist darum nicht mehr von einem Juden durch Rechtsgeschäft erwerbbar. […] Die freie Veräußerung vom Eigentümer […] ist durch die Rücksicht auf die Belange der deutschen Volksgemeinschaft und die nationalsozialistischen Staatsziele (Judengesetzgebung) begrenzt. […] Der Grundbuchrichter kann es deswegen nicht verantworten, dem Antrage Adolf Mendels stattzugeben.“

Insbesondere im Wirtschaftsleben werden von nichtjüdischen Mitbewerbern konkrete Maßnahmen zur Ausgrenzung jüdischer Menschen gefordert. Im November 1935 beschweren sich Händler bei der Gaubetriebsgemeinschaft über die Konkurrenz jüdischer Händler auf dem Weimarer Herbst-Jahrmarkt:

Stadtarchiv Weimar, 16/102-03/18 (1)

„Der Jahrmarkt stellte die Betriebsführer zufrieden. Missfallen erregte es, dass auf dem Jahrmarkt die Juden sich bewegen, als gäbe es kein drittes Reich. Während an den Stadteingängen Schilder angebracht sind mit dem bekannten Motto: ‘Juden unerwünscht’, gibt ihnen die Stadt Weimar gute Verkaufsstände zwischen den arischen Betriebsführern. So konnten sich die Juden gut tarnen, denn die Käufer sehen bekanntlich nicht auf ein Firmenschild, sondern nur auf die Ware. Städte wie Naumburg und Weissenfels haben das Wollen des Staates besser erfasst, indem sie Juden an einer bestimmten Stelles des Jahrmarktes gemeinsam unterbringen. Für Weimar wird dasselbe gewünscht.“

Ob die Beschwerde Erfolg hat, ist nicht bekannt. Doch werden drei Jahre später, ab dem 17. November 1938, jüdische Händler nicht mehr zu Weimarer Märkten zugelassen.

Der Israelitische Religionsverein in der NS-Zeit

Für den Israelitischen Religionsverein wendet sich im Laufe der 1930er Jahre die Situation ins Desolate: Die Zahl der aktiven Mitglieder schrumpft auf eine Handvoll. In den Unterlagen tauchen die Namen von Sally Kauffmann, der den Verein 1903 mitgegründet hat, Emil Fischer, Israel Berlowitz und Jakob Appel auf. Auch einige wenige jüdische Familien aus Blankenhain, Buttstädt und Apolda, die sich in den 1920er Jahren dem Weimarer Religionsverein angeschlossen haben, zahlen weiterhin Mitgliedsbeiträge. Der Verein spendet u. a. für die Jüdische Winterhilfe und das Jüdische Winterhilfswerk. Zudem ist es ihm ein dringendes Anliegen, den Religionsunterricht weiterhin zu ermöglichen – wenn auch nur für wenige Kinder.

1933 betont der Vereinsvorsitzende in einem Briefentwurf an die Vereinsmitglieder, wie wichtig das Fortbestehen unserer Vereinigung sei – nämlich unbedingt erforderlich […] im Interesse der Erteilung des Religionsunterrichtes. (Akten der jüdischen Gemeinde Weimar; Sammlung der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen)

Joachim Appel war einer der letzten, die am Unterricht teilgenommen haben. Er berichtet später:

„Unsere Familie war so assimiliert, dass wir Ostern und Weihnachten gefeiert haben, nicht in der Kirche, aber mit Weihnachtsbaum und Ostereiersuchen. Das ist alles 1933 zu Ende gekommen. Bis 1934 etwa kam sonntags ein Lehrer, wohl aus Arnstadt, der Religionsunterricht in der Volksschule in der Bahnhofsstraße für mich und noch 1 bis 2 andere Kinder, möglicherweise des Opernsängers Fischer, gab. Wir haben nicht viel gelernt und ich habe es auch nie benutzt, es fanden ja keine Gottesdienste in Weimar statt. Nur die hohen Feiertage wie Jom Kippur und Rosch Haschanah wurden gefeiert.“

Da Mitte der dreißiger Jahre offenbar nur noch drei Kinder am zweiwöchentlich stattfindenden Religionsunterricht teilnehmen, kündigt Emil Fischer, der nach dem Tod Sally Kauffmanns Ende 1935 die Kontoverwaltung und Korrespondenz des Vereins übernimmt, die Raumnutzung in der Sophienschule. Er vereinbart mit dem Lehrer Heilbrunn, der alle zwei Wochen am Sonntag aus Arnstadt kommt, dass der Unterricht in den Privaträumen bei den Familien Fischer oder Appel stattfinden soll.

In einem Schreiben an den Bezirksverband für Jüdische Wohlfahrtspflege konstatiert Emil Fischer im Juni 1936:

„Von einem Religionsverein kann nicht mehr die Rede sein, da ausser von Herrn Jacob Appel und mir selbst in den letzten Jahren keine Beiträge mehr für culturelle Dinge des Religionsvereins entrichtet wurden.“

Die wenigen Vereinsmitglieder schultern die Finanzierung der Vereinstätigkeiten, obwohl sie sich, wie alle jüdischen Menschen, in einer zunehmend schwierigen Situation befinden: Die jüdischen Bewohner Weimars sind mehr und mehr mit der Bewältigung des Alltags unter dem NS-Regime beschäftigt. Dennoch können sich viele lange nicht vorstellen, welche Ausmaße die Verfolgung und Entrechtung der Juden in Deutschland annehmen wird. Ende der dreißiger Jahre und spätestens mit den Novemberpogromen 1938 ändert sich das: Wer noch eine Fluchtmöglichkeit findet, verlässt das Deutsche Reich.

1937 findet der jüdische Religionsunterricht in Weimar ein Ende. Die letzte in den Akten aufzufindende Quittung des Lehrers Heilbrunn stammt von Ende Oktober 1937. Noch im selben Jahr flieht Abraham Heilbrunn mit seiner Familie nach Palästina.

Akten der jüdischen Gemeinde Weimar; Sammlung der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen

Öffentlich zeigen sich einige Weimarer zuletzt im Spätherbst 1938 als Mitglieder der jüdischen Gemeinde: Als bei den Novemberpogromen Verhaftete aus dem KZ Buchenwald entlassen werden, stranden sie zunächst – oft mittel- und hilflos – am Weimarer Hauptbahnhof. Einige der jüdischen Menschen, die noch in Weimar leben, bieten gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde Erfurts an einem Stand am Bahnhof Unterstützung: Suppe, Trost und eventuell auch eine Fahrkarte nach Hause. Möglich wäre ihnen das nicht, hätte nicht der Bahnstationsvorsteher Müller Courage bewiesen und ihnen den Aufbau eines Standes gestattet.

Albert Ortweiler, seit 1903 Mitglied der Israelitischen Religionsvereinigung, lebte bis zu seinem Tod 1938 im Brühl 6.

Die letzten, heimlichen Sabbatfeste werden noch Anfang der vierziger Jahre im Haus der Familien Appel und Ortweiler am Brühl 6 begangen. Ab 1941 wird dieses von den Nazis zu einem Ghettohaus umfunktioniert. Nach den großen Deportationen 1942 ist die jüdische Gemeinde Weimars ausgelöscht.

4. Von Boykottaktionen zur organisierten Enteignung

Zu Boykottaktionen von Weimarer Geschäften jüdischer Inhaber kommt es in Weimar schon früh. Heinz Eisenbruch beschreibt in seinen Erinnerungen, wie SA-Männer vor dem direkt an der Ilm gelegenen Fischgeschäft seiner Großeltern beim reichsweiten April-Boykott 1933 Käufer abzuschrecken versuchten:

„Ich erinnere mich: Wahrscheinlich war es im Monat April 1933, daß SA-Männer mit Schildern an Holzstangen befestigt vor dem Geschäft meiner Großeltern ‘Posten’ standen. Der Sturmriemen der Milizen war heruntergezogen, die Breitbeinigkeit und die Bulligkeit der Gesichter sollte abschreckend auf eventl. Käufer wirken. Ich besinne mich weiterhin, daß auf einem der Schilder stand: ‘Hier wohnt ein Jude, kauft nicht bei ihm.’ Eine Nazifamilie mit dem Goldenen Parteiabzeichen, die dem Geschäft gegenüber wohnte, war bei diesem Boykott außer sich vor Freude. Die Gesichter zeigten mir, und ich ahnte es, trotz meiner acht Lebensjahre, daß es sehr ernst würde. Am selben Tage sah ich an einem kleineren Kaufhaus den gleichen Boykott. Hier ist mir aufgefallen, daß ein SA-Mann mit Fotoapparat ‘Posten’ stand. Ich stellte aber auch fest, daß etliche Frauen und Männer demonstrativ das Kaufhaus betraten.“

Im Laufe des Jahres 1938 erhöht sich der Druck auf jüdische Geschäftsleute, zu „arisieren“. Im Frühjahr 1938 ist hierfür eigens eine „Arisierungskommission“ des Gauwirtschaftsberaters eingerichtet.

Im März veröffentlicht der Leiter des Konzentrationslagers Buchenwald einen Sonderbefehl, der SS-Angehörige auf „folgende jüdische Geschäfte in Weimar besonders aufmerksam“ macht:

„1.) Schuhwarenhaus Geschw. Strauss Wielandstrasse 2
Inh. Berta Kahn, Weimar, Lottenstrasse 40.
2.) Kaufhaus Sachs & Berlowitz, Schillerstrasse 17
3.) Kurt Sachs, Textilwarengrosshandlung Jubiläumsplatz 2 Wohnung: Luthergasse 1.
4.) Julius Wiener, Vogtl. Gardinenhaus Adolf-Hitler-Str. 14
Wohnung: Meyerstrasse 13.
5.) Ludwig Leopold, Schuhwarenhaus Rittergasse 15.
6.) Hedwig Hetemann, Scherzartikelgeschäft,
Teichgasse 6. darin beschäftigt: Jude Fritz Straubing.
7.) Dr. Wiener, Zahnarzt, Adolf-Hitler-Str. 15
Sohn von Nr. 5. [sic]“

Zusätzlich zu den Geschäftsadressen werden den SS-Leuten hier auch Privatadressen mitgeteilt.
Alle genannten Geschäfte werden 1938 verkauft oder geschlossen. Die Konkurrenz sieht die Gelegenheit, einen günstigen Handel abzuschließen. So informiert sich ein „arischer Schuhhändler“ im Juli 1938 beim Parteigenossen Deibel, ob ein jüdisches Geschäft frei wird. Der Geschäftsführer des Amtes des Gauwirtschaftsberaters Knorr notiert sich:

„Am 29. vormittags 10 Uhr ruft Pg. Deibel an und erkundigt sich, ob das jüdische Geschäft Julius Wiener frei wird, bezw. der Laden durch einen arischen Schuhhändler besetzt werden kann. Ich erkläre ihm, daß Wiener arisiert wird und infolgedessen der Laden nicht zu haben ist.
Dagegen verweise ich ihn auf den Laden der Elfriede Leopold, weil es sich hier um ein Schuhgeschäft handelt. […]“

Elfriede Leopold, die sich, ihre Tochter Helene und ihre Mutter nur mit Not über Wasser halten kann, führt verzweifelte Gespräche mit Knorr und droht sogar mit Freitod. Ende August verkauft sie schließlich ihren Schuhladen – der in Weimar seit drei Jahrzehnten besteht – an einen „Parteigenossen“ für den Wert seines Warenlagers und der Einrichtung.

Das verheißungsvollste Geschäft macht die Firma Hugo Oxen & Co. im August 1938, als sie das erfolgreiche, in der Schillerstraße gelegene Kaufhaus Sachs & Berlowitz kauft. Dennoch wird Israel Berlowitz, der bisherige Geschäftsführer des Kaufhauses, während der Novemberpogrome verhaftet. Er ist einer von fast 10 000 jüdischen Männern, die in Folge der Pogrome in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht werden. Dort werden sie zum Verkauf von Häusern und Geschäften und zur Flucht unter Zurücklassung ihres Habs und Guts genötigt.

Die Familie Berlowitz ist genötigt, ihr Kaufhaus Sachs & Berlowitz 1938 zu verkaufen.

Neben Israel Berlowitz verhaftet die Gestapo auch Kurt und Karl Sachs, Jacob Appel, Ernst Bendix, Hans Adolf Salomon, Julius Wiener und weitere Weimarer Juden und verschleppt sie nach Buchenwald. Ernst Bendix stirbt dort am 10. Dezember 1938, Hans Salomon stirbt im Dezember nach seiner Entlassung.

Israel Berlowitz und seine Familie sowie die Brüder Sachs bemühen sich nach der Entlassung aus Buchenwald eilig um Fluchtmöglichkeiten; die Familie Berlowitz verkauft vor der Flucht noch rasch ihre beiden Wohnhäuser und ein Gartengrundstück.

Da die „Arisierungen“ bis zum Herbst 1938 in Weimar schon fast abgeschlossen sind, finden die SA- und SS-Leute am Abend des Novemberpogroms nur noch einen Ort für ihre Aggressionen: ein kleines Spielwarengeschäft, geführt von Hedwig Hetemann, ihrer Tochter Johanna und ihrem Schwiegersohn Fritz Straubing.

Heute nutzt ein Restaurant die Räumlichkeiten, in denen bis in die 1930er Jahre das Hetemannsche Geschäft war.

Eine Zeitzeugin entsinnt sich später, „dass eine Horde SS-Leute das Schaufenster der ‘Puppenfrau’ einschlugen und die darin ausgestellten Puppen auf die Straße warfen. Es blieb vom Geschäft nichts übrig als eben das demolierte Haus. Die Puppenfrau kam heraus, weinte, jammerte und bettelte, sie sollten ihr doch ihre Existenz lassen. Sie wurde verhöhnt und die SS-Leute wurden zum Teil ziemlich handgreiflich, so dass sich die Frau weinend in ihr Haus zurückzog.“

Hedwig Hetemann ließ sich kurz vor ihrer Hochzeit 1900 in der Herderkirche evangelisch taufen, ihre Tochter erhielt die Taufe 1909. Sie gelten dennoch als jüdisch und werden entsprechend drangsaliert.

Zur Vorgeschichte der Novemberpogrome 1938

Von den Novemberpogromen 1938 haben die meisten – zumindest im Schulunterricht – heute gehört. Die Pogrome fanden vom 8. bis 10. November 1938 im ganzen Deutschen Reich statt. Dabei inszenierten sich die Täter als Vertreter von Opfern – den „Deutschen“ –, die sich wehren. Die Parole „Deutsche, wehrt euch“ wurde mit den Boykotten jüdisch geführter Geschäfte in Umlauf gebracht; nun soll aber nicht mehr boykottiert, sondern gezielt zerstört, geplündert und gedemütigt werden. Die Bilanz der Pogrome: 7 500 von SS und SA zerstörte Geschäfte; über 1 400 zerstörte oder stark beschädigte Synagogen – mehr als die Hälfte aller Synagogen in Deutschland und Österreich. Mehr als 1 300 Menschen starben, mehr als 30 000 jüdische Männer wurden in die Konzentrationslager Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau verschleppt. Dort sollten sie zur „Arisierung“ ihres Vermögens und zur Emigration genötigt werden. Als Anlass für diese beispiellosen Ausschreitungen diente den Nazis das Attentat des jüdischen Jugendlichen Herschel Grynszpan auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath in Paris.

Die Vorgeschichte der Pogrome ist weit weniger bekannt: Dem Attentat voraus ging ein Flüchtlingsdrama im Niemandsland der deutsch-polnischen Grenze.

Herschel Grynszpan nach seiner Verhaftung (Bundesarchiv Bild 146-1988-078-08, Herschel Feibel Grynszpan, CC BY-SA 3.0)

Am 3. November erhielt Herschel Grynszpan, ein polnischer Jude, der bei seinem Onkel in Paris lebte, eine Postkarte von seiner Schwester. Sie schrieb ihm aus Zbaszyn, berichtet von der Verhaftung der Familie und ihrer Zwangsabschiebung über die deutsche Grenze Richtung Polen.

Die Familie Grynszpan lebte seit 27 Jahren in Deutschland, der Vater Sendel war als Schneidermeister in Hannover tätig. Sie gehörten zu den Zehntausenden jüdischen Menschen, die ab den 1880er Jahren Polen, die Ukraine und das Russische Reich verließen – sie flohen vor dem wirtschaftlichen Ruin durch die Revolution, vor Pogromen und Massakern. Viele wanderten in die USA aus, einige jedoch ließen sich in Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich nieder.

Nun waren die Grynszpans bei dem kleinen polnischen Grenzort interniert, mittellos, da die Abschiebung ohne Vorwarnung und umgehend geschah. Die Schwester bat Herschel Grynszpan um Hilfe – der selbst befand sich allerdings in einer ausweglosen Situation, da er sich inzwischen illegal in Paris aufhielt und nirgendwohin ausreisen konnte: Sein polnischer Pass war verfallen, vom Deutschen Reich, seiner Heimat, wurde er abgewiesen. Er versuchte erfolglos, seiner Familie Geld zukommen zu lassen, verließ dann im Streit seinen Onkel und verzweifelte angesichts seiner Lage und der politischen Ereignisse. Am nächsten Tag schoss er in der deutschen Botschaft auf den Botschaftssekretär Ernst vom Rath, der am Tag darauf seinen Verletzungen erlag.
Die Familie Grynszpan gehörte zu ca. 17 000 jüdischen Familien, die von der sogenannten Polenaktion betroffen waren. Die Deutschen schoben die Menschen regelrecht über die Grenze, es gab Kranke, Verletzte und Tote. Tagelang harrten Flüchtlinge auf Bahnhöfen und im Niemandsland aus, es bildeten sich Lager bei den Grenzorten wie Zbaszyn.

Dieser Aktion der spontanen Abschiebung von in Deutschland lebenden polnischen Jüdinnen und Juden ging der Beschluss der polnischen Regierung voraus, allen polnischen Staatsbürgern, die länger als fünf Jahre im Ausland lebten, die Staatsangehörigkeit aberkennen zu können. Polen reagierte damit auf die Befürchtung, dass angesichts der zunehmenden Judenverfolgung seit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich bald 20 000 mittellose polnische Juden in ihr Herkunftsland zurückkehren. Diese Befürchtung war begründet: Das NS-Regime drängte jüdische Menschen dazu, das Land zu verlassen – und zugleich stellte es sicher, dass eine Ausreise nur unter Zurücklassung eines Großteils der Besitztümer stattfinden konnte.

Um das zu verhindern, sollten viele der polnischen Pässe als ungültig erklärt werden. Somit wären diese Menschen nicht nur mittellos, sondern auch staatenlos – und eine Ausreise aus dem Deutschen Reich wäre beinahe unmöglich: Niemand war bereit, staatenlose und verarmte Flüchtlinge aufzunehmen. Ernst von Weizsäcker, NS-Staatssekretär, debattierte dieses „Problem“ mit seinem polnischen Kollegen Jozef Lipski: Den Deutschen würde durch Ungültigerklärung der Pässe „ein Klumpen von 40–50 000 staatenlosen ehemaligen polnischen Juden in den Schoß“ fallen.
Keine Rolle spielte offenbar, dass erst die deutsche Politik diese Menschen zu Mittellosen und Staatenlosen machte.

Am Tag nach den Schüssen auf vom Rath wurden die Novemberpogrome durchgeführt. Ihnen folgte eine Reihe von antisemitischen Gesetzen, die auf die völlige Enteignung und Entrechtung der Jüdinnen und Juden im Deutschen Reich abzielten.

Von jenen, die an der Grenze festsaßen und weder in Polen noch in Deutschland erwünscht waren, durften einige im Laufe des November nach Polen einreisen. Andere mussten weiterhin unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in den Grenzlagern ausharren, bis sie im Winter doch noch von Polen aufgenommen wurden. Die anderen brachte man zurück nach Deutschland.

5. Allumfassende Entrechtung

Ereignisse und Verordnungen 1933–1945

1933

1.4.
Boykott „nichtarischer“ Geschäfte
7.4.
„Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“
4.5. 
Entlassung aller „Nichtarier“ aus dem öffentlichen Dienst
5.5.  
Trauverbot von Angehörigen verschiedener „Rassen“ durch die Thüringische Landeskirche
Juni  
Gündung des Jüdischen Kulturbundes zur Förderung der Auswanderung. Zahl der Juden in Deutschland: 499 000 (0,76 Prozent der Gesamtbevölkerung)
22.9.
Reichskulturkammer-Gesetz: Ausschaltung der Juden aus dem kulturellen Leben
4.10.  
Schriftleiter-Gesetz: Ausschaltung der Juden aus den Medien

1934

5.2. 
Verbot der Staatsprüfung für „nicht arische“ Medizinstudenten
Sommer 
Schilder mit der Aufschrift „Juden unerwünscht“ werden an Ortseingängen, vor Geschäften und Gaststätten häufiger aufgestellt – auch in Weimar

1935

24.4.
„Arier-Nachweis“ im Zeitungs- und Verlagswesen
14.9.
Der Reichstag beschließt die antisemitischen „Nürnberger Gesetze“
30.9.
Alle „jüdischen“ Beamten werden beurlaubt.
Dezember
Berufsverbot für jüdische Ärzte, Notare, Professoren, und Lehrer im Staatsdienst

1936

11.1.
Berufsverbot für „nicht arische“ Steuerberater
7.3.
Juden besitzen kein Reichstagswahlrecht mehr
20.11.
Rechszuschussverkürzung für jüdische RentnerInnen

1937

25.1.
Berufsverbot für „nicht arische“ Viehhändler
15.4.
Juden und Jüdinnen dürfen nicht mehr promovieren
11.6.
Berufsverbot für jüdische Sachverständige
16.11.
Jüdische Personen erhalten nur noch in Ausnahmefällen Reisepässe

1938

26.4.
Verordnung über die Anmeldung des Vermögens über 5 000 RM von Jüdinnen und Juden
Mai
Ausschluss von Juden oder Jüdinnen geführte Firmen bei der öffentlichen Auftragsvergabe
Juli
Kennzeichnungspflicht für von Juden oder Jüdinnen geführte Unternehmen
6.7.
Berufsverbot für „nicht arische“ MaklerInnen, HeiratsvermittlerInnen, FremdenführerInnen
11.7.
Juden und Jüdinnen wird der Aufenthalt in Kurorten verboten
27.9.
Berufverbot für jüdische Rechtsanwälte
28.9.
Berufsverbot für jüdische Krankenpfleger
5.10.
Reisepässe von Jüdinnen und Juden werden mit „J“ gekennzeichnet
9./10.11.
Novemberpogrome
12.11.
Forderung einer „Sühneleistung“ von Jüdinnen und Juden in Höhe von 1 Milliarde RM
Juden dürfen keine Theater, Kinos, Konzerte und Ausstellungen mehr besuchen
15.11.
Jüdische Kinder werden vom allgemeinen Schulbesuch ausgeschlossen.
23.11.
Verordnung über die Auflösung und Abwicklung aller Unternehmen, die von jüdischen Personen geführt sind
3.12.
Verordnung über den Zwangsverkauf von jüdisch geführten Gewerbebetrieben und Geschäften
Juden werden Führerscheine und Zulassungspapiere für PKW und LKW entzogen

1939

1.1.
Juden müssen Kennkarten bei sich führen und den Zweitnamen Sara bzw. Israel annehmen
17.1.
Aufhebung des Mieterschutzes für Juden
30.1.
Hitler „prophezeit“ vor dem Reichstag im Falle eines Krieges die „Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“
30.4.
Ausweisung von „Nicht-Ariern“ aus „arischen“ Häusern; Errichtung von „Judenhäusern“
4.7.
Juden müssen sich in der „Reichsvereinigung der Juden“ zusammenschließen
14.11.
Juden werden die Reichskleiderkarten/Textilbezugsscheine entzogen

1940

4.7.
Die Einkaufzeit für Juden wird auf die Zeit von 16 bis 17 Uhr beschränkt
29.7.
Juden dürfen keinen Telefonanschluss mehr besitzen

1941

4.3.
Einsatz der deutschen Jüdinnen und Juden zur Zwangsarbeit
1.9.
Alle Jüdinnen und Juden ab dem 6. Lebensjahr müssen im Deutschen Reich den Judenstern tragen. Sie dürfen ihren Wohnbezirk ohne polizeiliche Genehmigung nicht mehr verlassen.
14.10.
Beginn der allgemeinen Deportationen aus dem „Reich“
23.10.
Auswanderungsverbot für Jüdinnen und Juden aus dem deutschen Einflussbereich
25.11.
Verordnung über die Einziehung des Vermögens im Falle der Deportation von Jüdinnen und Juden

1942

5.1.
Jüdinnen und Juden müssen alle Woll- und Pelzsachen abliefern
20.1.
Wannsee-Konferenz zur „Endlösung der Judenfrage“
13.3.
Massentransporte deutscher Jüdinnen und Juden nach Auschwitz
1.5.
Jüdinnen und Juden wird die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel untersagt
18.6.
Jüdische Menschen müssen alle elektrischen und optischen Geräte sowie Schreibmaschinen und Fahrräder abliefern
20.6.
Alle jüdischen Schulen werden geschlossen.
19.10.
Juden erhalten keine Marken mehr für Fleisch, Eier, Milch und Weizenerzeugnisse

1943

10.6.
Die „Reichsvereinigung der deutschen Juden“ wird liquidiert
1.7.
13. Verordnung zum „Reichsbürgergesetz“: jeglicher Rechtsschutz für Juden erlischt

1944

24.7.
Sowjetische Truppen befreien das Konzentrationslager Majdanek
1.9.
In Deutschland leben noch 15 574 Jüdinnen und Juden

1945

27.1.
5 000 marschunfähige Häftlinge werden in Auschwitz durch sowjetische Truppen befreit
11.4.
Das Konzentrationslager Buchenwald wird von amerikanischen Truppen befreit
15.4.
Das Konzentrationslager Bergen-Belsen wird von britischen Truppen befreit
28.4.
Das Konzentrationslager Dachau wird von amerikanischen Truppen befreit
22.11.
Beginn der Nürnberger Prozesse

Quelle:
Monika Gibas (Hg.): “Arisierung” in Thüringen – Entrechtung, Enteignung und Vernichtung der jüdischen Bürger Thüringens, Quellen zur Geschichte Thüringens, Erfurt 2008, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen

Nach den Novemberpogromen intensiviert der NS-Staat noch einmal die antisemitische Gesetzgebung. Teils preschen lokale Entscheidungsträger wie der Erfurter Oberbürgermeister vor. Dieser verfügt am­ 13. November 1938 – noch bevor es eine gesetzliche Regelung hierüber gibt –, dass Juden ab sofort der Besuch sämtlicher städtischer Kultureinrichtungen, Schulen, Sporteinrichtungen und Badeanstalten verboten ist. Auch ist städtischen Lehrern, Beamten und Angestellten untersagt, „an Juden irgendwelchen Unterricht in körperlicher, charakterlicher und geistiger Richtung zu geben“.

Die Veröffentlichung dieser Verfügung in der Thüringer Allgemeinen Zeitung wird in Weimars Stadtverwaltung zur Kenntnis genommen. Für die Stadt Weimar gelten ab dem 17. November ähnliche Verfügungen: Juden sind nicht mehr zu Märkten zuzulassen, und es wird ihnen der Besuch der städtischen Kulturstätten – also Theater, Museen, Bibliotheken, Archive, Ausstellungen etc. – verwehrt.

Stadtarchiv Weimar 16/102-03/18 (4)

In der zweiten Novemberhälfte und Anfang Dezember 1938 werden Gesetze erlassen, die den endgültigen Ausschluss von jüdischen Menschen aus dem Wirtschaftsleben bewirken: Juden wird der Betrieb von Geschäften und Handwerksbetrieben untersagt, sie werden zum Verkauf ihrer Immobilien und ihres Grundbesitzes gezwungen und sie müssen Juwelen, Edelmetalle und Kunstgegenstände bei staatlichen Ankaufstellen abliefern. Zudem müssen jene, die über mehr als 5 000 RM verfügen, eine Zwangsabgabe – die eine Milliarde Reichsmark schwere „Sühnezahlung“ für das Pariser Grynszpan-Attentat – leisten. Die Namen der vermeintlich „reichen“ Personen werden in der Zeitung veröffentlicht. Betroffen sind hiervon auch die Familien Appel und Ortweiler, deren „Vermögen“ jedoch das Haus am Brühl ist, in dem sie leben.

Das Haus der Familien Appel und Ortweiler wurde zu einem Ghettohaus umgewandelt.

Die Appels befinden sich wegen einer Erkrankung Jacob Appels schon seit Jahren in finanziellen Schwierigkeiten.
Im Sommer 1936 schreibt Emil Fischer an den Bezirksverband für Jüdische Wohlfahrtspflege:

„Zur Frage betreffend Frau Susi Appel teile ich Ihnen mit, dass die Finanzen der Familie durch die tragische Krankheit des Familienvaters in denkbar schlimmer Weise beeinflusst sind. Da niemand da ist, der das Geschäft führen kann muss über kurz oder lang ein völliger Zusammenbruch erfolgen unter dem natürlich ausser der Familie Appel auch die mit im Hause wohnenden Eltern Otweiler [sic] (Mann 82 … Frau etwa 70 Jahre alt) [leiden.] Not ist heute schon da …“

Die „Judenkontribution“ vergrößert nur die Not, die Familie kann sie nicht bezahlen.

6. Ghettoisierung und Deportation

Im Februar 1939 weist der „Zweckverband Bauten am ‘Platz Adolf Hitlers’“ den Oberbürgermeister darauf hin, dass sich durch die Zwangslage der Appels und Ortweilers für die Stadt gerade eine günstige Gelegenheit bietet, das Haus am Brühl 6 zu kaufen:

„Die Grundstückseigentümer sind Juden und können im Augenblick ihre Judenabgabe von restlich RM 5 550.- nicht bezahlen. Herr Dr. Winzenhörlein hat deshalb den Verkauf des Grundstücks angeraten. Er selbst kann vom Finanzamt aus wegen der Judenabgabe den Zwangsverkauf nicht betreiben. Wir haben uns bei der Gauwirtschaftsberatung wegen der Arisierung erkundigt und von dem dortigen Sachbearbeiter Pg. Hess gehört, dass bei Judengrundstücken allerhöchstens bis zum Einheitswert gegangen zu werden braucht, d.h. man könnte das Grundstück für etwa RM 25–27 000.- erwerben.“

Doch statt das Haus zu erwerben, wird die Stadt aus ihm ein Ghettohaus machen. Ab 1939 weist die Gestapo jüdische Menschen vor allem aus dem Bahnhofsviertel in das Haus ein. Dieser Vorgang wird von dem Ende April 1939 erlassenen „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ gestützt: Juden sollen in Häusern jüdischer Eigentümer zusammengelegt werden.

1941 verschärft Oberbürgermeister Koch diese Situation, indem er dem Kreisamtsleiter der NS-Volkswohlfahrt am 4. Juli 1941 schreibt:

„Ein Vertreter des SD regt an, die hier ansässigen Juden in einige wenige Wohnungen bzw. Häuser zusammenzudrängen, dadurch auch eine bessere polizeiliche Überwachung zu schaffen und vielleicht zusätzlich Wohnraum zu gewinnen. […] Es ist mir insbesondere darum zu tun, geeigneten Wohnraum, der von Juden besetzt ist, für deutsche Familien zu bekommen. Die Juden müssen sich wohl gefallen lassen, auf engstem Raum zusammengepfercht zu werden. Eine gesetzliche Möglichkeit dazu besteht zwar m.W. an sich noch nicht, doch werde ich den SD bitten, aus Gründen der Staatssicherheit oder sonstigen polizeilichen Gründen mit bei der zuwangsweisen Umquartierung der Juden in jeder Weise zu decken.“

Das Haus am Brühl 6 wird zu einem kleinen Ghetto mitten in der Stadt umfunktioniert. Zeitweise müssen sich acht Familien die obere Etage des Hauses teilen. Wie in vielen anderen „Judenhäusern“ sind Küche und Toiletten gemeinsam zu nutzen, mehr als ein bis zwei Zimmer stehen einer Familie nicht zur Verfügung.

Weitere Ghettohäuser entstehen in der Belvederer Allee 6 – im Haus von Jenny Fleischer-Alt – und in Oberweimar, Plan 4.

Das Haus der Sängerin Jenny Fleischer-Alt in der Belvederer Allee wird Anfang der 1940er Jahre zum „Judenhaus“ umfunktioniert. Die prekäre Situation der hier Lebenden kann anhand der im Hauptstaatsarchiv Weimar einsehbaren Korrespondenz Jenny Fleischer-Alts mit den Behörden nachvollzogen werden.

Im Erdgeschoß des Hauses am Brühl leben nichtjüdische Mietparteien. Eine Nachbarin, Frau Schmidt, mit Schweizer Staatsangehörigkeit, hilft den Familien, so gut sie kann. Sie berichtet später, dass Ende der dreißiger, Anfang der vierziger Jahre im Keller des Hauses Sabbatfeiern stattfinden.

Die Gestapo überprüft die Einhaltung der zahlreichen Regeln, die für Jüdinnen und Juden nun gelten, aufs Genaueste. Dazu gehört zum Beispiel, nur zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Geschäften einzukaufen – mit durch ein „J“ markierten Lebensmittelkarten. außerhalb des Hauses den „Judenstern“ gut sichtbar zu tragen, den eigenen Wohnbezirk nur mit polizeilicher Genehmigung zu verlassen. Im Januar 1942 müssen jüdische Menschen alle Woll- und Pelzsachen abliefern.

Dass Juden 1942 ohne polizeiliche Genehmigung nicht mehr Fahrrad fahren dürfen, wird dem mit seiner Familie im Brühl lebenden Martin Wolff zum Verhängnis. Er wird im Januar auf der Straße verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. Da er durch Kugelreste seit dem ersten Weltkrieg chronische Schmerzen im Bein hat – die ihn wohl auch das Fahrrad besteigen lassen –, ist er nicht arbeitsfähig und wird in die Tötungsanstalt Bernburg verlegt und dort im März 1942 ermordet.

Die Häftlingskartei des KZ Buchenwald zu Martin Wolff gibt als Grund für seine Verhaftung an: “Unwahre Angaben über den meldepflichtigen Besitz eines Fahrrades”. (Individuelle Häftlingsunterlagen – KL Buchenwald, Martin Wolff, Signatur 01010503 oS, ITS Digital Archive, Arolsen Archives)


In Susanna Appels Küche findet die Gestapo im Sommer 1941 einige Eier, die sie nicht mehr hätte besitzen dürfen. Susanna Appel muss ab September im Arbeitshaus Breitenau Zwangsarbeit leisten. Sie wird ein Jahr später in Auschwitz ermordet.

Zu diesem Zeitpunkt ist es jüdischen Menschen schon nicht mehr möglich, das Deutsche Reich zu verlassen. Seit Oktober 1941 gilt für sie ein Auswanderungsverbot. Der Staat ändert seine Zielsetzung: Statt Jüdinnen und Juden zur Flucht unter Zurücklassung ihres Vermögens zu drängen, wird sich im Januar 1942 auf der Wannsee-Konferenz über die Umsetzung der „Endlösung der Judenfrage“ verständigt. Der geplante Massenmord in den Vernichtungslagern im besetzten Polen wird als „Aussiedlung aus dem Altreich“ oder „Umsiedlung jüdischer Familien nach dem Osten“ bezeichnet.
Die meisten der Weimarer Jüdinnen und Juden müssen im Mai und im September 1942 die Deportationszüge nach Belzyce und Theresienstadt besteigen.

Im Mai 1943 erklärt sich Deutschland als „judenfrei“.

Ich habe das Gefühl gehabt, dass meine Zukunft nicht mehr in Deutschland lag“Weimars letzte jüdische Generation

Die jüdische Gemeinde Weimars gehört zu den vielen Gemeinden, die während des nationalsozialistischen Regimes vernichtet werden. Wer bis 1945 überlebt, ist geflohen oder wurde versteckt.

Die besten Chancen zu überleben haben junge Menschen, die sich von ihrer Familie und ihrem Zuhause lösen können. Sie sind eher bereit und in der Lage, die Strapazen einer Flucht auf sich zu nehmen. Erfolgversprechend ist die Flucht allerdings nur für jene, deren Familien Kontakte ins Ausland haben – sei es durch Verwandte, die früher schon ausgewandert oder geflohen sind, oder Freunde. Einige Lebenswege der unter dem Hakenkreuz lebenden jungen jüdischen Einwohner Weimars sollen hier vorgestellt werden.

Die Brüder Sachs – die Enkel von Rudolf Sachs, der den Israelitischen Religionsverein mitgegründet und sich für den Religionsunterricht engagiert hat – sind 1934 und 1936 die ersten, die fliehen. Hans ist zum Zeitpunkt der Flucht nach Argentinien zwanzig Jahre; Gerhard folgt ihm später 17-jährig.

Auch Helene Lieselotte Leopold, Tochter der Schuhladen-Inhaber Elfriede und Ludwig Leopold, überlebt, weil sie rechtzeitig flüchtet. Zuvor wird ihr systematisch Bildung verwehrt. Sie berichtet:

„Ich besuchte vier Jahre lang die Pestalozzi-Schule in Weimar und wurde dann im Sophienstift, dem Realgymnasium für Mädchen, eingeschult. Ich war in meiner Klasse die einzige jüdische Schülerin, und am Ende des Schuljahrs, in der Quarta, wurde es für besser gehalten, daß ich diese Schule verlasse. Seit 1933 besuchte ich die Handelsaufbauschule in Weimar. 1936 ließ der Direktor meine Mutter kommen und bat sie, mich aus der Schule zu nehmen, weil ich die einzige jüdische Schülerin der Anstalt war. Ich half dann in unserem Geschäft aus bis zu meiner Auswanderung in die Vereinigten Staaten im Herbst 1938.“

Helene ist zum Zeitpunkt ihrer Flucht 18 Jahre alt. Ihre Eltern sterben in den Konzentrationslagern Majdanek und Auschwitz.

Helene Leopold muss die Schule verlassen, weil ab dem Schuljahr 1936 „für die reichsangehörigen Schüler aller Schularten eine möglichst vollständige Rassentrennung“ durchgeführt werden soll – so der Thüringische Minister für Volksbildung. Für jüdische Kinder sollen besondere Volksschulen eingerichtet werden, falls voraussichtlich mindestens zwanzig Kinder sie besuchen können. Notfalls sollen mehrere Jahrgänge in einer Klasse unterrichtet werden. Die Kosten für die Beschulung wird die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland übernehmen müssen.
Das Attentat Herschel Grynszpans auf einen Diplomaten in der Deutschen Botschaft in Paris 1938, dem die Novemberpogrome und eine Welle antisemitischer Gesetzgebung folgen, wird auch in der Bildungspolitik zur Forcierung der Ausgrenzung genutzt: Der Reichsminister für Volksbildung teilt am 15. November mit:

Nach der ruchlosen Mordtat von Paris kann es keinem deutschen Lehrer und keiner deutschen Lehrerin mehr zugemutet werden, an jüdische Schulkinder Unterricht zu erteilen. Auch versteht es sich von selbst, daß es für deutsche Schüler und Schülerinnen unterträglich ist, mit Juden in einem Klassenraum zu sitzen. Die Rassentrennung im Schulwesen ist zwar in den letzten Jahren im allgemeinen bereits durchgeführt, doch ist ein Restbestand jüdischer Schüler auf deutschen Schulen übrig geblieben, dem der gemeinsame Schulbesuch mit deutschen Jungen und Mädeln nunmehr nicht weiter gestattet werden kann.“

Bis dahin haben einige der „deutschen Jungen und Mädeln“ zusammen mit der Lehrerschaft ihren jüdischen oder als jüdisch geltenden Mitschülern den Unterricht zum Spießrutenlauf gemacht. Heinz Eisenbruch, der mit einer nichtjüdischen Mutter und einem jüdischen Vater als „Mischling“ galt und in Weimar bis 1939 die Schule besuchte, berichtet später:

„Ich weiß noch ganz genau, wie wieder einmal in der Schule über das ‘verbrecherische Weltjudentum’ agitiert wurde. Mein Kapitel Schule war von meiner Seite aus gesehen düster. Jahrelang mußte ich Hänseleien […] ertragen. Anspucken und Fußtritte durch Mitschüler waren periodenhaft zu ertragen. […] Ich war heilfroh, 1939 die Schule verlassen zu können. Es war noch irgendwie vorgesehen, eine Schulklasse mit jüdischen Kindern einzurichten. Es kam deshalb nicht dazu, weil keine Kinder vorhanden waren.“

1942, als die jüdischen Kinder Weimars entweder geflüchtet sind oder kurz vor der Deportation in Konzentrationslager stehen, schreibt Dr. Meß aus dem Volksbildungsministerium, es bestehe „im nat.soz.Staat [sic] kein Bedürfnis, jüdische Kinder zur Erfüllung ihrer Schulpflicht anzuhalten. Es würde dies eine Fürsorge für das geistige Wohl des jüdischen Nachwuchses in sich schließen, wie sie dem Wesen des nat.soz. Staates nicht entspricht, der sich vielmehr darauf beschränkt, diese Fürsorge der Reichsvereinigung der Juden zu überlassen.“

In Weimar, wie auch in vielen anderen Orten, werden keine jüdischen Schulen mehr eingerichtet, da die dafür nötigen Klassenstärken nicht erreicht werden. Die Notlösung der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland sind Erziehungsheime. In diese müssen gemäß der Vorgabe des Volksbildungsministeriums die jüdischen Kinder und Jugendlichen zwangsweise ziehen. Das Ministerium streicht heraus, dass die eilig zusammengesuchten Lehrerinnen und Lehrer der jüdischen Schulen die nötigen fachlichen Voraussetzungen nicht unbedingt mitbringen müssen.

Der nationalsozialistische Staat strebt nicht nur die Segregation nichtjüdischer und jüdischer Menschen an, sondern auch eine Absenkung des Bildungsniveaus der jungen Jüdinnen und Juden.

Wie auch Helene Lieselotte Leopold muss Joachim Appel vorzeitig die Schule verlassen. Er schreibt später, wie ihm dieser Entschluss bekannt gemacht wurde:

„Ich konnte nach 1933 zuerst noch zur staatlichen Handelsschule gehen, wo ich sogar Mitglied des Schulfußballvereins war. 1935 oder 1936 kam dann einer meiner Lehrer in die Klasse und hat mich als Juden beschimpft und beleidigt, bis ich aufstand und, begleitet vom Jubel und Brüllen meiner Klassengenossen, das Zimmer verließ. Der Schulleiter, ein Dr. Horst, dessen Büro im gleichen Korridor war, hat nicht einmal den Mut gehabt, mir privat mitzuteilen, daß Juden die Schule nicht mehr besuchen dürfen.“

Seine Mutter Susanna Appel meldet ihn daraufhin zu einer „Berufsvorlehre“ an und muss die jüdische Wohlfahrtspflege bitten, einen Teil der monatlichen Kosten hierfür zu übernehmen. Solche Berufsvorlehren werden z. B. von der jüdischen Gemeinde Berlins angeboten. Sie sollen Schulabgängern ermöglichen, sich bis zur angestrebten Auswanderung nützliche Kenntnisse anzueignen. Eine Lehrstelle zu finden ist für jüdische Jugendliche beinahe unmöglich. Joachim Appel schreibt im Rückblick:

„Ich selbst war zu jung, das alles zu verstehen, aber ich habe das Gefühl gehabt, daß meine Zukunft nicht mehr in Deutschland lag. Das und ein Affidavit von meines Vaters Bruder, der schon lange in Cincinatti-Ohio lebte, waren meine Rettung. Ich verließ Februar 1938 Weimar.“

Joachim Appel sieht seine Familie nicht wieder. Seine Eltern, Großeltern und sein jüngerer Bruder Günter werden in Konzentrationslagern ermordet.

Die jüngeren jüdischen Kinder Weimars fliehen mit ihren Eltern: Wolf Fischer, der Sohn von Emil und Ella Fischer, verlässt Weimar im Alter von zwölf Jahren, noch vor den Novemberpogromen. Sein Bruder Peter ist schon 1934 verstorben. Die Fischers schaffen es nicht, rechtzeitig vor dem Einmarsch der deutschen Truppen eine Fluchtgelegenheit aus Amsterdam und Europa zu organisieren. Die Familie wird im Vernichtungslager Sobibor ermordet.

Ruth, Heinz Eisenbruchs kleine Schwester, wendet Weimar schon 1936 den Rücken zu. Als Neunjährige zieht sie mit ihrem Vater und ihren Großeltern in deren alte Heimatstadt Prag. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht wird die Zuflucht zur Falle. Die Familie Eisenbruch wird deportiert, Ruth Eisenbruch wird wie die Familie Fischer in Sobibor ermordet.

Auch die Flucht der Enkel von Israel und Lucie Berlowitz, die bis 1938 fast vierzig Jahre lang das Kaufhaus Sachs & Berlowitz leiteten, ist vergeblich: Hans und Peter Eichenbronner fliehen mit ihrer Mutter Lena zu Verwandten. Doch das lettische Libau erweist sich als nicht weit genug entfernt. In Europa gibt es für jüdische Menschen keine Sicherheit mehr. Ab 1941 richten die Wehrmacht und lettische Hilfseinheiten Massaker unter den Bewohnern Libaus an. In einem Bericht heißt es, dass die beiden dreizehnjährigen Jungen erschossen wurden, als sie zu ihrer Mutter über einen Platz liefen.

Kurt Sachs gelingt es, sich und seinen neunjährigen Sohn Peter zu retten. Nach Kurt Sachs’ Entlassung aus dem Konzentrationslager Buchenwald im Herbst 1938 gelingt den beiden die Flucht zu Verwandten nach Kolumbien.

Von den Überlebenden zieht niemand mehr nach Weimar zurück.

7. Der Verlust letzter Sicherheiten

In der folgenden Zeit richtet sich die Aufmerksamkeit des NS-Staates verstärkt auf jene, die als Juden oder „Mischlinge“ gelten und familiären Schutz genießen: „deutschblütige“ Ehepartner oder Elternteile können sie zwar noch eine Zeitlang vor der Verhaftung und Deportation bewahren. Doch werden 1943 schon die ersten Weimarer zur Zwangsarbeit beim Bunkerbau in Nordfrankreich eingesetzt. Im Oktober 1944 ordnet Himmler an, „Mischlinge“ und nichtjüdische Ehemänner jüdischer Frauen den Arbeitslagern der Organisation Todt zuzuführen. Aus Weimar müssen sich elf Personen bei der Gestapo einfinden. Unter ihnen ist auch Heinz Eisenbruch. Er erinnert sich:

„[…] Wenige Tage danach erhielt ich wiederum eine Vorladung, genau zum Wochenende, daß ich mich mit Marschverpflegung und festem Schuhwerk zum OT-Arbeitseinsatz am 16. Oktober 1944 bei der Gestapo zu melden hätte. Als es soweit war, stellte ich fest, daß aus vielen Orten in Thüringen „Mischlinge“ und „jüdisch Versippte“ unterschiedlichen Alters zusammengeholt worden waren. Nachdem die listenmäßige Erfassung erfolgt war, wurden wir unter Bewachung zum Bahnhof geführt. In zwei Waggons für Kriegsgefangene ging es nach Weißenfels in eine Kaserne der OT. […] Die Arbeit war sehr schwer. Zement, Beton, Kies, Transport in Tages- und Nachtschichten brachten uns manchmal an die Grenze der Erschöpfung. […] Die Arbeitstage waren wohl 10 oder 11 Stunden lang. Die An- und Abmarschwege waren überlang. […] Mit einem Kameraden flüchteten wir aus dem Arbeitslager. Ein großes Risiko nahmen wir auf uns.“

Heinz Eisenbruch schafft es zurück nach Weimar und wird von seiner Tante in Oberweimar versteckt, bis die amerikanischen Truppen in der Stadt sind.

Von den 91 EinwohnerInnen jüdischer Religion, die 1933 in Weimar leben, überleben nur wenige – dank ihrer Flucht. Von jenen, die von den Nazis aufgrund ihrer Herkunft als Juden angesehen werden, leben Anfang 1945 nur noch drei Personen, unter ihnen ist Helene Schuch. Sie wird „am 31.1.45 vormittags auf die Gestapo bestellt und am Nachmittag mit anderen Leidensgenosen eng zusammengepfercht in verschlossenen Waggons nach dem K.Z. Theresienstadt gebracht, wo [sie] im Mai 45 durch den schnellen Vormarsch der Roten Armee vor dem sicheren Tod in der Gaskammer bewahrt“ werden. Zum Zeitpunkt der Deportation der letzten noch in Weimar lebenden Menschen jüdischer Herkunft nach Theresienstadt ist das Vernichtungslager Auschwitz schon befreit.

Helene Schuch erinnert sich: „Monatelang habe ich gebraucht, um mich im Kreise meiner Familie wieder einigermaßen körperlich und seelisch zu erholen.“
Auch Julius Wiener ist nach Theresienstadt deportiert worden, schafft es aber kurz nach der Befreiung des Lagers, nach Weimar zurückzukehren.
Dieselbe Aufforderung, sich zum Transport einzufinden, erhält auch Lena Fleisch. Ihr Mann, Paul Fleisch, versteckt sie daraufhin bei Bekannten in Oberweimar, wo sie bis zur Befreiung ausharrt.
Für sie und die anderen in Weimar verbliebenen Menschen, die aus der „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen sind, ist es eine Befreiung in letzter Minute.