Kreishaus

Das „Kreishaus“ war der erste öffentliche Neubau der Nationalsozialisten in Weimar. Der 1936 von Ernst Flemming geplante Sitz der Landeskreisverwaltung und Kreisleitung der NSDAP beherbergt heute die Stadtverwaltung Weimar.

Da 1934 die Verwaltungsämter und Dienststellen der NSDAP an acht verschiedenen Orten über ganz Weimar verteilt waren und die Gebäude zudem nicht mehr den aufstrebenden Parteiansprüchen genügten, beschloss man den Bau eines „Kreishauses“. Als erster öffentlicher NS-Neubau in Weimar kam dem Vorhaben eine besondere Bedeutung zu, da es der Partei erstmalig möglich war, eine bauliche Repräsentation in der Stadt zu schaffen. So initiierte der Landrat und Kreisleiter der NSDAP, Hofmann, zwei thüringenweite Wettbewerbe, aus denen sich sowohl Ernst Flemming als auch Georg Schirrmeister gegen sieben weitere Mitstreiter durchsetzen konnten.
 Ein gemeinsamer Entwurf kam jedoch nicht zustande; Hofmann beauftragte Flemming allein mit der Planung.

Der erste symbolische Spatenstich erfolgte 1936 am „Tag der nationalen Arbeit“ (1. Mai). Im Juli 1937 konnte das Gebäude als Sitz der NSDAP-Landeskreisverwaltung und -Kreisleitung in Betrieb genommen werden. Die Einweihungsfeier fand am 28. August 1937, dem Geburtstag Goethes, als Höhepunkt des „Kreistages der NSDAP“ statt.
Ein im Sommer 1937 von Flemming vorgestellter Erweiterungsplan sah einen Anschluss des Kreishauses an den damaligen Sitz der Industrie- und Handelskammer an der Ecke Coudraystraße/Schwanseestraße vor. Dieser Entwurf einer schloßartigen Anlage wurde allerdings nicht mehr umgesetzt.
Nach dem Ende der NS-Herrschaft behielt das Gebäude seine verwaltungstechnische Funktion bei: bis 1990 als Sitz des Landkreises Weimar und heute als Sitz der Stadtverwaltung.

Bauliche Gestaltung
Auf dem Gelände eines Gartengrundstücks entstand nach den Plänen Ernst Flemmings ein L-förmiger dreigeschossiger Stahlskelettbau mit ausgebautem Dachgeschoss.
Bei der Planung nahm die Selbstdarstellung der neuen NS-Machthaber und der Partei eine besondere Stellung ein. So wurde die Schauseite durch hochwertige Materialien veredelt und mit Insignien der Partei versehen. Erdgeschoss und Souterrain sind in Travertin ausgeführt. In den darüberliegenden Geschossen sind die Gefache ausgemauert, so dass die darunterliegende Konstruktion nach außen hin nicht ablesbar ist.
Die Straßenfassade erscheint in strenger axialsymmetrischer Gliederung. In ihrem Zentrum befindet sich das aus Werkstein gefertigte Pfeilerportal des Haupteingangs.
 Es trägt den ehemaligen „Führerbalkon“ und wurde vormals von einem Reichsadler aus Porphyr überragt. Die Fenster- und Türrahmen sowie Ecksteine und Hauptgesimse sind auf der Straßenseite aus hochwertigem Travertin gearbeitet. Auf der Hofseite genügt an den gleichen Stellen Kunststein. In Betonung der Ausnahmestellung des Landrates im hierarchischen System der Landkreisverwaltung war sein Dienstzimmer als einziges von außen durch einen Balkon von den anderen zu unterscheiden. 
An der Ostseite des Baus schließt rechtwinklig ein Flügel an, in dessen beiden oberen Geschossen ein für 350 Personen ausgelegter Festsaal untergebracht ist.
 Auf dem Gelände befanden sich außerdem noch ein Schulgebäude sowie ein dreigeschossiges Wohnhaus, welche Flemming als Teil der Gesamtanlage entwarf.

Dr. Christiane Wolf, Jonny Thimm: Scanning Weimar – Orte der NS-Zeit, DVD, Weimar 2006