Weimarhalle

1937: Blick von der Asbachstraße auf die Weimarhalle. Im Vordergrund sind die Häuser “Am Viadukt” Nr. 7 und 9 zu sehen, die für das Gauforum abgerissen werden. (© Sammlung Magdlung)

Die im März 1932 eröffnete Weimarhalle war als Teil des „Weimarer Kulturprojektes“ ein wichtiger Schauplatz für politische und gesellschaftliche Veränderungen. Als Plattform von NSDAP-Großkundgebungen und „Reichsgedächtnisfeiern“ entstand hier eine eigenartige Vermischung aus „Hitlerismus und Goethe“.

Schon seit der Jahrhundertwende dachte man über den Bau einer Stadthalle nach. 
Ein 1910 – wohl vom damaligen Stadtbaurat August Lehrmann – entwickelter städtebaulicher Plan sah im Rahmen des „Kulturprojekt(es) Weimar“ eine Achse von der Jakobskirche bis zum heutigen Stadion vor, in der sich am Schwansee eine
 neue Stadthalle befinden sollte.
 Steigende Bevölkerungs- und Besucherzahlen der Stadt seit Gründung der Weimarer Republik sowie die bevorstehenden Feierlichkeiten zum 100. Todestag Goethes 1932 machten den Bau eines großen Saales bald unumgänglich.

Bau der Weimarhalle. Pastellzeichnung von Alfred Ahner, 1931. (Stadtmuseum Weimar)

In einem auf Wunsch der „Weimarer Heimatschutzkommission“ erstellten Gutachten forderte Paul Schultze-Naumburg – Maler, Architekt und ab 1930 Direktor der Staatlichen Kunsthochschule in Weimar – im September 1930 für das geplante Gebäude ein stadtteilprägendes Erscheinungsbild, Nähe zum Stadtkern sowie Anbindungen an die Hauptverkehrswege. 
Im Sinne des „besonderen Gebots eines geweihten Bodens, den Weimar für die gesamte Welt bedeutet“ dürfte zudem das Areal keine klassischen Stätten beeinträchtigen oder gar zerstören.
 Die Gründung der „Gemeinnützigen Weimarer–Aktiengesellschaft“ und ein Erwerb
 der Froriepschen Grundstücke einschließlich des Bertuchhauses (heute Stadtmuseum) trieb das Projekt schließlich voran. Nachdem ein Ideenwettbewerb die Darmstädter Architekten Hummel und Rothe als Sieger hervorbrachte, beauftragte man den amtierenden Stadtbaurat Max Vogler mit der Realisierung.

Wegen „Baufälligkeit“ riss man die Weimarhalle 1997 während der Umbauarbeiten ab. Der Ersatzneubau („Congress Centrum Neue Weimarhalle“) nimmt die alte Grundrisskonfiguration wieder auf.

Goethegedenkfeier, Buchwoche, Dichtertreffen
Am 12. März 1932 konnte die Weimarhalle gerade noch rechtzeitig für die am 22. März geplanten nationalen Goethe-Ehrungen zum 100.Todestag des Dichters eröffnet werden. Die Weimarer Bürger sahen jenem weitgehend reserviert entgegen; 
vorrangig Fachleute bekamen Karten für die Veranstaltungen. Namhafte nationale und internationale Gäste belebten und erlebten in diesen Tagen die Stadt (z. B. Max Planck, Thomas Mann, Gerhart Hauptmann sowie Botschafter aus Frankreich, Großbritannien, Nordamerika, Italien und der Sowjetunion). Die Stimmung beschrieb Thomas Mann in „Meine Goethereise“ wie folgt: „(…) ganz eigenartig berührte die Vermischung von Hitlerismus und Goethe.“ Diese Vermischung war nicht nur in den Gedanken von Thomas Mann präsent.
So fand in der Weimarhalle eine Woche vor den Feierlichkeiten eine Großkundgebung der NSDAP in Hinblick auf die bevorstehende Reichspräsidentenwahl (10. April 1932) statt, zu der sowohl lokale NSDAP-Größen (Fritz Sauckel, Wilhelm Frick) als auch Adolf Hitler und Joseph Goebbels als Redner geladen waren. Weitere öffentliche Wahlveranstaltungen von NSDAP und „Deutschnationaler Volkspartei“ (DNVP) erweckten nun auch das Interesse der Weimarer Bevölkerung und führten häufig zur Überfüllung des Hauses.
 Nach 1933 entwickelte sich der Standort mit der „Woche des Deutschen Buches“ (1934) und dem „Großdeutschen Dichtertreffen“ (1938) mehr und mehr auch reichsweit zum Zentrum nationalsozialistischer Kultur- und Propagandapolitik. Weitere Dichtertreffen sollten 1940, 1941 und 1942 folgen. Im Oktober 1941 eröffnete Joseph Goebbels in der Weimarhalle die „Kriegsbuchwoche“.

„Thüringer Landeskampfbahn“ – das heutige Wimaria-Stadion
In Folge des „Kulturprojektes Weimar“ entstand entlang der Achse Jakobskirche- Weimarhalle-Schwanseepark ein neues Sportstadion. Die neue „Thüringer Landeskampfbahn“ sollte im ursprünglichen Plan ein Ort für „Deutsche Heldnehrung“ werden. Neben der eigentlich als Rundtempel geplanten „Kriegserinnerungsanlage“ war weiterhin ein Festplatz für „vaterländische Feiern“ vorgesehen.
Nachdem die Stadt das Gelände 1918 gekauft und 1920 mit dem Bau begonnen hatte, mussten die Arbeiten bald aufgrund der hohen Inflation eingestellt werden.
 Durch den Einsatz von Erwerbslosen und „Notstandsarbeitern“ konnten die Bauarbeiten 1925 fortgesetzt und das Stadion schließlich anlässlich des „Tages des Deutschen Fußballbundes“ 1928 eröffnet werden. 1932 fand hier der letzte internationale Wettkampf statt.
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde das Kultur- und Sportareal zunehmend für Propagandaveranstaltungen genutzt: Durch Erziehung zu „Gesundheit und Hygiene“ („Freikörperkultur“) sollte „Sitte und Moral“ der Arbeiter gestärkt werden. Und tatsächlich konnten die neuen Machthaber mit diesem NS-Leitbild von der bedrückenden Realität unzureichender Wohnverhältnisse in den Arbeiterquartieren ablenken. Ab 1936 wurde das Stadion v.a. für die Vorbereitungen der Olympischen Spiele in Berlin genutzt. Mit Kriegsbeginn fanden ab 1939 sportliche Veranstaltungen nur noch mit Einschränkungen statt.

Dr. Christiane Wolf, Jonny Thimm: Scanning Weimar, Orte der NS-Zeit, DVD, Weimar 2006

Die Sammlung Magdlung kann hier eingesehen werden.