Projekt 2021

Jüdisches Leben in Weimar und die Mechanismen seiner Ausgrenzung

Wir widmen uns in diesem Jahr der jüdischen Geschichte und Kultur Weimars, der Interaktion der jüdischen Bewohnerschaft und Gemeinde mit der „Mehrheitsgesellschaft“, und wir untersuchen die Mechanismen, die zu ihrer Ausgrenzung beigetragen haben und noch immer beitragen können. Anders als bei unseren bisherigen Projekten soll dieses Mal der Fokus breiter aufgespannt werden: von den ersten Erwähnungen jüdischer Bewohner der Stadt im Mittelalter über den stark umstrittenen Beginn einer jüdischen Wiederansiedlung unter Anna Amalia – nach jahrhundertelangem Ansiedlungsverbot – über die kleine Blütezeit der jüdischen Gemeinde im 19. Jahrhundert bis hin zur Verfolgung und Ermordung in den dreißiger und vierziger Jahren.

Ein erster Blick auf die Geschichte offenbart: Auch in Weimar wurden jüdische Menschen über die Jahrhunderte hinweg ausgegrenzt. Sie haben sich hier aber auch gegen die Widerstände behauptet, pflegten ihre Religion und wurden – auch durch die Unterstützung durch Fürsprecher wie Anna Amalia oder später den Oberbürgermeister Pabst – Teil der Weimarer Gesellschaft, Kultur und Geschichte.

Die Mechanismen der Ausgrenzung, mit denen jüdische Menschen immer wieder konfrontiert waren, wiederholen sich unter anderen Vorzeichen und sind noch heute aktuell. Sie basieren auf der willkürlichen Grenzziehung zwischen „uns“ und „denen“, auf der Unterscheidung von Vertrautem und Fremdem. Dabei ist die jüdische Religion und Kultur schon immer Teil der deutschen, der europäischen Religions- und Kulturgeschichte.

Eine Hybrid-Ausstellung zum Thema wird im Herbst eröffnet, sie wirft Schlaglichter auf Aspekte wie die berufliche, schulische, kulturelle und räumliche Ausgrenzung und gibt Beispiele aus dem Weimarer Alltagsleben. Die Ausstellung wird im Internet und im öffentlichen Raum zu sehen sein.

Neben der Ausstellung bieten wir im Sommer drei kostenfreie Rundgänge zum Thema an, darunter auch einen Rundgang für Lehrerinnen und Lehrer, die sich als Gäste der Jenaer Tagung “Den Begriff ‘Rasse’ überwinden” über die Möglichkeiten antirassistischer Bildungsarbeit informieren.
Wir freuen uns, dass wir am 16. August Gunter und Katja Demnig begrüßen und mit ihnen endlich wieder Stolpersteine verlegen können – darunter auch jene, die schon im letzten November ins Pflaster gelegt hätten sollen.