Gustloff-Werke

Fritz Sauckel baute als Leiter der „Wilhelm-Gustloff-Stiftung“ die größte Waggonfabrik Deutschlands zum wichtigsten Standort der Thüringer Rüstungsindustrie aus. 
Im Werk verpflichtete man vor allem Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge zur Arbeit.

Die 1898 gegründete Waggonwagenfabrik war der einzige industrielle Großbetrieb in Weimar. Zusammen mit der „Berlin-Suhler-Waffen- und Fahrzeugwerke GmbH“ wurde sie im Oktober 1936 in die „Wilhelm-Gustloff-Stiftung“ GmbH eingegliedert.
 Es handelte sich um die erste nationalsozialistische Industriestiftung. Der Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel, der sich selbst zum Stiftungsführer ernannte, ließ das Werk in Weimar kontinuierlich zu einer Waffenschmiede ausbauen. Zeitgleich mit der Umbenennung in „Fritz-Sauckel-Werk“ begann man im Mai 1937 mit der Granatwerfer-Fertigung. Ab 1938 produzierte das Werk fast ausschließlich für die Wehrmacht Waffen, Munition, Heeresfahrzeuge, Werkzeugmaschinen und Bergwerksanlagen. Durch zwei neue Werkshallen konnte ein eigenständiger Produktionskomplex geschaffen werden, dessen Ausrichtung und Gestaltung nationalsozialistischen Vorstellungen entsprach.

Die Wilhelm-Gustloff-Stiftung finanzierte auch öffentliche Prestigebauten wie die Nietzsche-Gedächtnishalle und den Neubau des Hotels Elephant. Es entstanden mehrere stiftungseigene Werkssiedlungen. Ende August 1939 errichteten ca. 270 polnischen Gefangene das sogenannte Ostarbeiterlager. Ab dem Frühjahr 1942 begann man Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in der Rüstungsindustrie einzusetzen. Weimar nahm auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle ein, da Fritz Sauckel auch zum „Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz von ausländischen Zwangsarbeitern“ ernannt wurde. Ab Mai 1942 waren erstmals Häftlinge des KZ-Buchenwald in der Waffenproduktion des „Fritz-Sauckel-Werks“ tätig. Im gleichen Jahr baute man zwei weitere Produktionshallen, um umfangreich Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge einsetzen zu können.

Das Gustloff-Werk II in Buchenwald
Zu Beginn der 1940er Jahre suchte die Wilhelm-Gustloff-Stiftung die Produktion mit Häftlingen zu forcieren. Heinrich Himmler beschloss den Bau eines weiteren Werkes als Außenlager in unmittelbarer Nähe zum KZ-Buchenwald; Häftlinge mussten einen 1,5 ha umfassenden Werkskomplex mit insgesamt elf Produktionshallen und Versorgungseinrichtungen erbauen.

Bis auf eine einzige Stahlhalle errichtete man die Produktionshallen als Behelfsbauten in materialsparender Holzbauweise. In den Jahren 1943/44 folgte der Gleisanschluss für das Werk. Die SS vermietete die Werkshallen an das Gustloff-Werk und avancierte zu einem Wirtschaftsunternehmen, das die Arbeitskraft der Häftlinge zur Ware degradierte. Nachdem die Produktion bereits angelaufen war, errichtete man 1943/44 einen zusätzlichen Produktionskomplex und produzierte Teile für die V2.
In dem zur „Stadt der SS“ gehörenden Werkskomplex wurden Waffen und Waffenteile hergestellt: Pistolen des Typs 7,65, Karabiner 98K, automatische Sturmgewehre K43 bzw. G43 sowie Lafetten für die Panzerabwehrkanone 7,5/40. Während des Luftangriffs der Alliierten am 24.08.1944 auf das Gustloff-Werk II wurde der Produktionskomplex bis auf zwei Hallen fast vollständig zerstört. Die Produktion kam dadurch zum Erliegen. Da die Wärter die Häftlinge daran hinderten, die Werkshallen zu verlassen, forderten die 15-minütigen Bombardements mehrere hundert Opfer unter den Häftlingen. Heute ist das gesamte Areal überwachsen. Lediglich bauliche Rudimente wie Fundamente, Zaunpfeiler und Fußböden verweisen still auf die ehemalige Bebauung des Areals. Eine Tafel der Gedenkstätte erinnert an die Vergangenheit dieses Ortes.

 

Verhaltensvorschriften für deutsche Arbeitskräfte beim Umgang mit russischen Zwangsarbeitern. Betriebsbekanntmachung der Gustloff-Werke Weimar.
 Vom 27. März 1942.
 (Thüringisches Landesarchiv Hauptstaatsarchiv Weimar)

Betrifft: Verkehr mit Kriegsgefangenen und russischen Zivil-Arbeitskräften

Die Arbeitseinsatzlage erfordert in der nächsten Zeit eine stärkere Heranziehung von Kriegsgefangenen sowie russischen Zivil-Arbeitern, von denen während der letzten Tage bereits eine Anzahl im Werk zum Einsatz gelangt ist. Dieser Umstand gibt Veranlassung, erneut auf die besonderen strengen Bestimmungen hinzuweisen, die für den Verkehr mit solchen Arbeitskräften festgelegt sind. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass diese Arbeitskräfte korrekt behandelt werden. Die Würde eines jeden Deutschen erfordert es aber, dass er sich jeglichen Verkehrs mit ihnen enthält. Es darf nie vergessen werden, dass es sich um Angehörige einer Nation handelt, die den grausamsten aller Kriege gegen uns führt und deren Ziel die vollständige Vernichtung des deutschen Volkes ist. Wer sie behandelt wie seine eigenen deutschen Volksgenossen oder gar noch besser, ist ein Verräter an der Volksgemeinschaft.

Folgendes ist besonders zu beachten:
 Gespräche jeder Art mit diesen Arbeitskräften sind in und außerhalb der Arbeitszeit untersagt. Soweit im betrieblichen Interesse eine Verständigung notwenig ist, hat diese ausschließlich durch Vermittlung der besonders eingesetzten und durch gelbe Armbinden kenntlich gemachten Dolmetscher zu erfolgen, deren Namen außerdem in den einzelnen für sie zuständigen Abteilungen bekannt gegeben werden.

Ebenso sind auch Geschäfte aller Art, sei es Kauf oder Tausch, insbesondere von Lebensmitteln und Rauchwaren strengstens verboten. Unter das gleiche Verbot fallen Geschenke und Zuwendungen irgendwelcher Art, die Weiterbeförderung von brieflichen oder sonstigen Mitteilungen, Zurverfügung- stellung von Verkehrsmitteln oder Gegenständen, die gegen das Interesse der Reichsverteidigung benützt werden könnten. Was Zuwendungen von Lebensmitteln betrifft, so sei nur darauf hingewiesen, dass es wohl keinem Lang- oder Schwerarbeiter einfallen wird, auf seine Rationen zugunsten eines Arbeitskameraden zu verzichten. Umso unverzeihlicher sind solche Zuwendungen an volksfremde Angehörige eines Feindstaates. Diese haben im übrigen genau so wie wir ihre Rationen durch Verordnung des Führers zugeteilt erhalten und müssen damit auskommen.

Besonders die im Betrieb beschäftigten Frauen müssen sich bewusst sein, dass es mit der Ehre einer deutschen Frau unvereinbar ist, mit solchen Arbeitskameraden in irgendwelche Beziehungen, auch scheinbar harmloser Art, zu treten, oder denselben durch ihr Auftreten eine Ermutigung zu ehrkränkendem Verhalten zu geben.

Wer gegen diese selbstverständlichen Schutzmaßnahmen unseres im Entscheidungskampf um seine Existenz stehenden Volkes verstößt, hat aufgrund der bestehenden Vorschriften mit erheblichen Freiheitsstrafen durch die staatlichen Behörden zu rechnen.
 In diesem Zusammenhang mache ich unsere volksdeutschen und oberschlesischen Arbeitskameraden ganz besonders darauf aufmerksam, dass die Umgangssprache in unserem Betrieb ausschließlich die deutsche ist. Wer der deutschen Sprache mächtig ist, und trotzdem in Zukunft bei Unterhaltungen in fremden Sprachen angetroffen wird, muss mit entsprechender Bestrafung rechnen. Dies gilt für sämtlichen Verkehr betrieblicher oder privater Art im Bereich des Werksgeländes. Auch die Insassen des Wohnlagers Dürrenbacher Hütte müssen sich darüber klar sein, dass die Umgangssprache zwischen Deutschen nur die deutsche sein kann. Wer nicht genügend Gefühl für nationale Würde hat, um diese primitive Forderung zu erfüllen, muss in Zukunft auch dort mit einer Maßregelung rechnen.

Weimar, den 27. März 1942 Der Betriebsführer. gez. W. Hornig“

Dr. Christiane Wolf, Jonny Thimm: Scanning Weimar, Orte der NS-Zeit, DVD, Weimar 2006

Weitere Informationen:
Außenlager des KZ Buchenwald:
https://www.herbert-naumann.de/aussenlager-galerie.html