Konzentrationslager Buchenwald

Weimarer Bürger müssen nach der Befreiung das Konzentrationslager Buchenwald besichtigen. (Walter Chichersky, US-Army – National Archives, Washington)

Am 11. April 1945 befreiten amerikanische Truppen das Konzentrationslager Buchenwald. Zwischen 1937 und 1945 kamen hier und in den Außenkommandos fast 60 000 Menschen ums Leben. Ab August 1945 wurde das KZ eines von zehn Internierungslagern („Speziallager 2“) in der Sowjetischen Besatzungszone, seit 1958 ist das Lager Mahn- und Gedenkstätte.

Das System der Konzentrationslager erfuhr im „Dritten Reich“ mehrfache Wandlungen. Ursprünglich dienten die Lager als vorläufig autoritäres Instrument zur Etablierung des NS-Regimes. Ab 1934 baute man auf Bestrebungen Heinrich Himmlers die Lager zu Dauereinrichtungen um, um präventiv Regimegegner festhalten zu können.
Als 1935 die innenpolitische Sicherung als weitgehend umgesetzt galt, befanden sich 3 500 Häftlinge in den Hauptlagern von Esterwegen, Lichtenburg, Moringen, Dachau und Sachsenburg. Ein zweiter Funktionswandel machte „Minderwertige“ zu Gegnern der „Volksgemeinschaft“; die Lager wurden zu Orten der „politischen Gegnerschaft und rassischen Generalprävention“.
Neben Dachau für Süd- und Sachsenhausen für Norddeutschland plante man ein drittes großes Lager in Mitteldeutschland. Angestrebt war eine Gesamtkapazität von 15 000 bis 20 000 Häftlingen, um Massenverhaftungen im Kriegsfall gewachsen zu sein.
Im April 1937 erachtete man bei einem Treffen im SS-Hauptamt Berlin die Stadt Halle für geeignet. Ein Neubau in Thüringen sollte damit vorerst verschoben werden. Um dies zu verhindern, beauftragte der damalige Reichsstatthalter und Gauleiter für Thüringen Fritz Sauckel kurzfristig die geologische Landesanstalt Jena. Diese bestimmte Ettersberg–Hottelstedt als Standort, da es hier einen geeigneten Boden für eine geplante Ziegelsteinherstellung durch Häftlinge gab. Die Ziegelei entstand 1938 in Berlstedt; um die 200 Häftlinge stellten hier bis zu 8,1 Millionen Ziegel pro Jahr her, die man hauptsächlich für den Bau des Gauforums verwandt. Berlstedt wurde eines der 136 Außenkommandos des „KL Buchenwald/ Post Weimar“, so der offizielle Name nach Beschluss vom 28. Juli 1937.

„KL Buchenwald/Post Weimar“
Im Juli 1937 begannen die ersten 149 Häftlinge aus Sachsenhausen mit dem Aufbau der Baracken. Am 10. Oktober trafen 1 178 SS-Angehörige im Lager ein.
1938 ließ der erste Lagerkommandant Karl Koch die vom Lagerinnern lesbare,
 auf einen römischen Rechtsgrundsatz zurückgehende Inschrift „Jedem das Seine“ am Lagertor anbringen.
Im Auf- und Ausbau des Lagers fanden erste seriell vorgefertigte Baracken ihre Anwendung. Obwohl die Stadt Weimar nicht am Entscheidungsprozess für die Auswahl des Standortes beteiligt war, entstand ein Netz von Verknüpfungen zwischen Stadt und Lager, das verwaltungstechnische, wirtschaftliche, juristische aber auch soziale Beziehungen aufwies. Durch eine kostengünstige Prognose gemeindete die Stadt Weimar Buchenwald am 1. April 1938 als Stadtteil ein.
Das für 8 000 Gefangene im „Mustergau Thüringen“ konzipierte Lager überzog mit seinen 60 Außenlagern Thüringen wie ein Netz und riss nahezu 250 000 Menschen aus Leben und Gesellschaft, davon etwa 56 000 endgültig. Die Häftlinge, gekennzeichnet als „Politische“, „Emigranten“, „Bibelforscher“, „Asoziale“, „Berufsverbrecher“, „Homosexuelle“, „Juden“ und „Ausländer“, unterlagen der Willkür eines organisierten Terrorsystems, das sie ihrer Individualität, ihrer Würde, ihres Menschseins, ihres Lebens beraubte. Die Vereinahmung, Umdeutung und Pervertierung eines sicher geglaubten humanistischen Wertesystems durch die NS-Ideologie fand 
in Buchenwald einen unabweisbaren Höhepunkt: „Zwischen uns und Goethe liegt Buchenwald“.

Geldkarte des Weimarers Israel Berlowitz, der während der Novemberpogrome 1938 verhaftet und nach Buchenwald verschleppt wurde. (© Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar, Konzentrationslager Buchenwald Geldkarte: Berlowitz, Israel (Häftlingsnummer [20650]))
Neuer Friedhof
Am 4. August 1937 erklärte sich die Stadt Weimar auf Anfrage des KZ-Kommandanten Koch bereit, „die Einäscherung der in Frage kommenden Leichen gegen Zahlung eines Pauschalbetrages von 20,- RM“ im Krematorium des städtischen Friedhofes vorzunehmen. Das Gesetz über die Feuerbestattung vom 15. Mai 1934, wonach „eine Feuerbestattung nur mit dem Willen des Verstorbenen oder 
seiner Angehörigen erfolgen kann, eine solche Bestattung nur mit Genehmigung
der Polizeibehörde durchgeführt werden darf und eine unnatürliche Todesursache ausgeschlossen sein muß“, ist von beiden Seiten ignoriert worden.
Aufgrund steigender Todesfälle war das Krematorium auf dem Weimarer Friedhof ab 1938 überwiegend mit Aufträgen des KZ-Buchenwald beschäftigt. Bis Ende 1938 starben 771 Menschen in Buchenwald, im darauf folgenden Jahr hatte sich die Zahl nahezu verdoppelt. Es fand keine Kontrolle der Todesursache statt. Persönliche Gegenstände und Wertsachen, die den Angehörigen zustanden, fielen widerrechtlich in die Hände der SS. Aufgrund der Überbelastung des städtischen Krematoriums baute man im November 1940 neue Verbrennungsöfen direkt auf dem Lagergelände Buchenwalds. Für die Toten der SS entstand währenddessen auf dem Neuen Friedhof ein spezieller Ehrenhain, dessen Gräber die „3. SS-Totenkopfstandarte Thüringen“ pflegte.

Dr. Christiane Wolf, Jonny Thimm: Scanning Weimar, Orte der NS-Zeit, DVD, Weimar 2006